Aeaea Shrine


2018 
PLA-3D-Kunststoff-Druck, Plexi-Acrylglas, Fäulnissäfte, Mehlwürmer

Der Aeaea Shrine ist eine von vielen Arbeiten, in denen ich mich mit der mythologischen Figur Kirke aus Homers Odyssee auseinandergesetzt habe. Diese Installation besteht aus sechs transluzenten, 3D-gedruckten Schweinefüßen, die von geschenkten Schinkenresten gescannt wurden. Zwischen ihren Zehen befinden sich zylindrische Hohlräume, die für das Einfüllen von Fäulnissäfte vorgesehen waren. Diese PLA-Formen sollten in einer Plexiglaswanne deren Form an Amphitheater angelehnt war, an schifförmige Grabmäler erinnernd arrangiert werden.

Im Inneren der Wanne sollten für die Dauer einer fiktiven Ausstellung lebende Mehlwürmer leben. Damit markierte die Arbeit das erste Mal, dass ich lebende Tiere in eine meiner Installationen integrierte. Die Mundwerkzeuge und Füßchen der Mehlwürmer erzeugen Geräusche, die durch deren Überlagerungen potenziert oder ausgelöscht werden. Deren Vibrieren kann als Jucken im Kopfinneren haptisch wahrgenommen werden, verbunden mit einem leichten Orientierungsverlust. Die Mehlwürmer hätten sich dabei in einer Situation befunden, in der sie zu einer unfreiwilligen Kooperation gezwungen worden wären.

Kirke, die in der Mythologie Menschen in Schweine und andere Tiere verwandelt, wird erfahrbar: Ihre Fähigkeit zur Transformation spiegelt sich in der unkontrollierbaren Bewegung des Trommelfells der Rezipierenden, in den Mehlwürmern, die die Schweinefüße erklimmen und in der Interaktion dieser unzähligen Körper mit den Fäulnissäften wider. Die unausweichliche Attraktivität des Todes für das Lebendige wird von den Fäulnissäften verkörpert.

Die Mehlwürmer sollten durch diese angezogen werden, sodass sie die aus PLA bestehenden Schweinefüße erklimmen. Ein kleiner Teil tat dies auch, doch der Großteil blieb beim Futter und knabberte dort weiter. Gerade dieser Unterschied zwischen Vorstellung und Verhalten, zwischen Absicht und Prozess, schrieb sich in die Arbeit ein und Charakterisiert für mich deren heutige Nachwirkung. Die Abweichung vom Plan erzeugt einen Raum der Möglichkeiten, der nicht vollständig kontrollierbar wurde

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Ich betrachte den Aeaea Shrine nicht nur als einzelne Arbeit, sondern viel mehr als Knotenpunkt vieler Gedanken, aus denen sich später ein Plethora anderer Werkreihen aufspannten.
Elemente dieser Installation tauchen über Umwege formal umstrukturiert z.B. in meiner Diplomarbeit Entmystifizierung geheiligten Fleisches oder im darauffolgenden Jahr auch in Psychophysischen Residuen wieder. Diese Konzepte, Elemente wie Bewegung, Transformation, Interferenz, bleiben zentrale Elemente meines künstlerischen Handelns.

Der Aeaea Shrine ist mehr als ein Objekt, denn er begleitet mich auf meiner eigenen Odyssee, auf einer Ebene, die neben der realen Existenz, in der die Arbeit eigenständig lebt und auf die Rezipierenden wirkt, die Interferenzen, die Oszillationen zwischen Kontrolle und Zufall sowie die gleichzeitige Präsenz mehrerer Ebenen erzeugen einen mythischen Moment, in dem die Arbeit eigenständig lebt und doch mit mir verschränkt bleibt.