Gabriel´s Charcuterie Board


2022/2023/2025, Installation
Wurst, vertrocknete Pflanzen, Knochen, Tablett, Holztisch
Größe variabel

Gabriel´s Charcuterie Board besteht aus mehreren mittlerweile vertrockneten Würsten in Waffenform, angerichteten Blumen, Pflanzenteilen, Obst und Knochen, die zusammen auf einem Silbertablett arrangiert wurden.
Diese Arbeit bezieht sich ebenfalls anekdotisch auf von mir Erlebtes.
Das Wurstfleisch wurde nach einem traditionellen Rezept meiner Oma hergestellt.
Während meiner Suche nach Konservierungsmethoden von Lebensmitteln brachte sie mir auch das Herstellen von Würsten bei. Allerdings lernte ich das Stopfen der Würste autodidaktisch und fügte dem Prozess meine eigene Würze bei. Mein erster Ansatz war es, ein Material ähnlich künstlicher Därme zu entwickeln, das ich in Waffenform strich, um die entstehenden Hüllen dann mit Wurstfleisch zu füllen. Doch es fehlten die typischen Beschaffenheiten einer Wurst, wie ich sie vor meinem inneren Auge sah. Die typischen Wurstzipfel fehlten, das Material war nicht durchsichtig genug, wodurch man das Wurstinnere nicht erkennen konnte.
Außerdem wollte ich meine Wurst mit richtigen Wurstgarnen hängen können, um sie zu trocknen oder sogar zu räuchern. Daher entschied ich mich für bereits vorgefertigten künstlichen aber essbaren Kunstdarm, den ich in die richtige Form brachte. Details gestaltete ich aus der mir so bekannten Gelatine. In den beiden dargestellten Serviervorschlägen sieht man die unterschiedlichen Entwicklungsstufen meiner Würste.

Während ich an meiner Idee feilte und die ersten Materialproben machte, lernte ich eine sehr exzentrische Person namens Gabriel kennen. Wir kamen ins Gespräch, weil ich mitbekommen hatte, dass er spezial angefertigte Elektro-Chopper-Fahrräder herstellte und vertrieb. Es war ein sehr nettes Gespräch und wir tauschten Nummern aus, falls ich einmal in die finanzielle Lage käme, mir eines seiner tollen Fahrräder leisten zu können. Ganz ungezwungen schwenkte das Gespräch von den Fahrrädern hin zu seiner eigentlichen Profession. Er war Militärscharfschütze im Ruhestand. Ich sehe täglich online Kriege, Zerstörung und die schrecklichen Taten, zu denen wir Menschen fähig sind. Doch hautnah einem Menschen gegenüberzustehen, der diese Erfahrungen gemacht hat, der Menschen getötet hat und das nicht wenige, diese Geschichten aus seinem Mund zu hören, erschütterte mich in dem Moment sehr und begleitete mich noch über Monate hinweg. Während ich meine Würste stopfte, dachte ich immerzu an seine Erzählungen, an die Patrone, die wohl noch immer in seinem Gesicht steckt, so wie jetzt das Wurstfleisch in meinen Wurstwaffen Hüllen. Gabriels Geschichten, ob wahr oder nicht, wurden ein Teil meiner Arbeit, indem ich diese miteinverwurstet habe.

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Aktuell setze ich mich mit “meinen eigenen” Waffen auseinander, auch wenn ich selbst natürlich keine besitze und weder Soldat noch Sniper bin. Stattdessen spiele ich gerne Videospiele und schaue Filme, in denen Waffen vorkommen, die mich faszinieren und mit denen ich bestimmte Erinnerungen oder Persönliches verbinde. Ich sehe eine Parallele zu Gabriel´s Liebe zu seinem Scharfschützengewehr. Diehard Fan dieser Franchises erkennen möglicherweise auch ihre Lieblingswaffen, die ich verwurstet habe, auch wenn diese in der Grundformgebung für mich bereits ihren Zweck erfüllt haben.
Habe ich die Würste fertig gestopft, übergebe ich sie den natürlichen Prozessen, die am Erscheinungsbild der gesamten Arbeit mitwirken.